
Das 12. Jahrhundert in Persien war eine Zeit des Umbruchs, geprägt von religiösen Spannungen und politischen Machtkämpfen. Inmitten dieses turbulenten Schauplatzes agierten die Nizari-Ismailiten, besser bekannt als Assassinen, eine sektenartige Gruppe, die für ihre gezielten Morde berüchtigt waren. Diese Morde, oft gegen prominente politische und religiöse Figuren, schockierten die damalige Welt und hinterließen ein bleibendes Erbe an Angst und Faszination.
Die Nizari-Ismailiten betrachteten sich als die wahren Nachfolger des Propheten Mohammed. Sie glaubten an die Göttliche Führung ihres Imams, Hassan II., der in einer Festung im persischen Bergland residierte. Die Gruppe entwickelte eine strenge Hierarchie, in der Geheimhaltung und absolute Loyalität zum Imam oberstes Gebot waren.
Ein zentrales Element ihrer Lehre war die Idee des “kleinen Krieges” (jihad asghar). Anstatt sich direkt mit ihren Gegnern zu konfrontieren, setzten sie auf gezielte Attentate, um Angst zu säen und ihre politischen Ziele zu erreichen. Diese Strategie basierte auf der Annahme, dass die Ermordung wichtiger Persönlichkeiten den moralischen Zusammenhalt der Feinde schwächen und den Weg für die Nizari-Herrschaft ebnen würde.
Die Assassinenmorde waren nicht nur barbarische Akte der Gewalt, sondern auch geschickte politische Manöver. Sie nutzten ihre Opfer gezielt aus, um Machtstrukturen zu destabilisieren und Einfluss auf die politische Landschaft zu gewinnen. So wurden beispielsweise der seldschukische Sultan Muhammad ibn Malik Shah I. (1094) und der persische Großwesir Nizam al-Mulk (1092) ermordet, zwei Schlüsselfiguren der damaligen politischen Ordnung.
Diese Attentate hatten weitreichende Folgen:
Opfer | Politische Position | Konsequenzen des Mordes |
---|---|---|
Sultan Muhammad ibn Malik Shah I. | Seldschukischer Herrscher | Schwäche des Seldschukenreiches, Machtkämpfe unter den Nachfolgern |
Nizam al-Mulk | Großwesir der Seldschuks | Politische Instabilität, Verlust an Erfahrung und Kompetenz in der Verwaltung |
Die Ermordung prominenter Persönlichkeiten löste Schockwellen in der gesamten islamischen Welt aus. Die Assassinen wurden zu einem Symbol des Terrors, und ihr Ruf verbreitete sich schnell weit über Persien hinaus.
Doch die Nizari-Ismailiten scheiterten letztendlich an ihrer eigenen Strategie. Ihre brutalen Methoden provozierten massive Gegenreaktionen, und die seldschukischen Truppen begannen mit einem systematischen Feldzug gegen ihre Festungen. 1256 wurden die Nizari-Ismailiten von den Mongolen unter Hulagu Khan endgültig vernichtet.
Die Geschichte der Assassinenmorde ist ein komplexes und faszinierendes Kapitel des mittelalterlichen Persien. Sie zeigt uns, wie religiöser Fanatismus und politische Intrigen ineinandergreifen können und welche verheerenden Folgen sie für die Gesellschaft haben können. Trotz ihrer Niederlage hinterließen die Nizari-Ismailiten einen bleibenden Eindruck auf das historische Bewusstsein. Ihr Name ist bis heute ein Synonym für Terrorismus und politischen Mord geworden, eine Mahnung an die Gefahren von Extremismus und Gewalt in allen ihren Formen.
Weiterführende Studien:
- Daftary, Farhad: The Assassin Legend. Oxford University Press, 2013
- Lewis, Bernard: The Assassins: A Radical Sect in Islam. Weidenfeld & Nicolson, 2008
- Morgan, David: The Mongols. Blackwell Publishing, 2007